22.1   Beförderung mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln (§§ 452 ff. HGB 1998)
§ 452 HGB 1998 regelt die Haftung hinsichtlich der Beförderung mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln, also den kombinierten oder multimodalen Verkehr. Die Haftung selbst soll sich nach den Vorschriften über das Frachtgeschäft richten (§§ 407-450 HGB 1998).
 
Die §§ 452-452 d HGB 1998 finden Anwendung,
  • wenn ein einheitlicher Frachtvertrag über eine Gesamtbeförderungsstrecke abgeschlossen wurde und
     
  • an der Ausführung dieses Gesamttransportes verschiedenartige Beförderungsmittel beteiligt sind, für welche unterschiedliche Beförderungsbedingungen gelten.
Bei bekanntem Schadenort haftet der multimodale Frachtführer nach § 452 a HGB 1998 nicht nach dem allgemeinen Frachtrecht, sondern nach den Rechtsvorschriften des Schadenortes.
 
 
Urteil 25: §§ 452 ff. HGB 1998 Container und Beförderung mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln
Ein multimodaler Frachtvertrag im Sinne von § 452 HGB liegt vor, wenn bei einem einheitlichen Frachtvertrag verschiedene Beförderungsmittel zum Einsatz gelangen und verschiedene Haftungsregime eingreifen würden, wenn über jede Teilstrecke des Frachtvertrages ein eigener Frachtvertrag geschlossen worden wäre [26]. Ein solcher Vertrag ist im vorliegenden Fall gegeben, da das Transportgut aufgrund eines einheitlichen Vertrages sowohl mit Lastkraftwagen als auch mit dem Flugzeug befördert werden sollte und die Beförderung mit dem Lastkraftwagen einem anderen Haftungsrecht unterliegt als die mit dem Flugzeug. Nach den in §§ 452 ff. HGB 1998 getroffenen Regelungen des multimodalen Frachtvertrages finden gemäß § 452 Satz 1 HGB 1998 in diesem Fall grundsätzlich auf den gesamten Vertrag einheitlich die Rechtsvorschriften der §§ 407-450 HGB 1998 Anwendung. Gemäß § 452 a HGB 1998 greift das Teilstreckenrecht des Schadenortes ein, wenn der Schadenort bekannt ist und sich eine Partei auf dieses Teilstreckenrecht beruft. In diesem Fall ist festzustellen, welchem Haftungsregime ein Beförderungsvertrag über diese Teilstrecke unterworfen worden wäre. Dabei folgt der Senat der wohl herrschenden Auffassung, wonach dasjenige Teilstreckenrecht anzuwenden ist, das auf einen hypothetischen Vertrag zwischen dem Absender und dem (Haupt-) Frachtführer (dem Multimodalbeförderer, nicht dem Unterfrachtführer) über die Beförderung auf dieser Teilstrecke anzuwenden wäre, wenn diese Parteien fiktiv einen unimodalen Frachtvertrag über diese Teilstrecke geschlossen hätten. Gilt auf dem schadenträchtigen Streckenabschnitt zwingendes Frachtrecht (z. B. CMR, WA), ist dieses anzuwenden, denn in diesem Fall besteht keine Dispositionsmöglichkeit. Die CMR kommt vorliegend nicht in Betracht, weil die grenzüberschreitende Beförderung nicht mit Kraftfahrzeugen durchgeführt wurde. Trotz der hier gegebenen grenzüberschreitenden Luftbeförderung und trotz der Anwendbarkeit des WA - sowohl Deutschland als auch Großbritannien gehören zu den Vertragsstaaten - greift vorliegend auch Artikel 18 Abs. 2 und 3 WA/HP 1955 als Anspruchsgrundlage nicht ein. Voraussetzung für einen Schadenersatzanspruch hiernach ist nämlich, dass der Verlust von Gütern während der Luftbeförderung eintritt. Gemäß Artikel 18 Abs. 2 und 3 WA/HP 1955 umfasst der Zeitraum der Luftbeförderung grundsätzlich nicht die Beförderung zu Lande außerhalb eines Flughafens. Vorliegend steht aufgrund der eingereichten Scanlisten fest, dass die aus drei Paketen bestehende Sendung nach einem vergeblichen Zustellversuch in einer in der Londoner City - außerhalb des Flughafens - befindlichen Lagerhalle bzw. in einem dort befindlichen Container in Verwahrung genommen wurde. Da die Inverwahrungnahme letztendlich der Aushändigung der Sendung an den Empfänger dienen sollte, ist es gerechtfertigt, sie als Teil der Beförderung dem Recht zu unterstellen, welches auf die Ablieferung anzuwenden ist. Dies ist deutsches Frachtrecht (§§ 425 Abs. 1, 459 HGB 1998). Da bei der Ermittlung des hypothetischen Vertragsinhaltes für die Teilstrecke auf das Verhältnis zwischen Versender und Frachtführer abzustellen ist, wird immer dann deutsches Recht als vereinbart anzusehen sein, wenn die Parteien - wie hier - den Durchfrachtvertrag selbst deutschem Recht unterstellt haben.

 
§ 452 HGB 1998 (Frachtvertrag über eine Beförderung mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln)
 
Wird die Beförderung des Gutes aufgrund eines einheitlichen Frachtvertrages mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln durchgeführt und wären, wenn über jeden Teil der Beförderung mit jeweils einem Beförderungsmittel (Teilstrecke) zwischen den Vertragsparteien ein gesonderter Vertrag abgeschlossen worden wäre, mindestens zwei dieser Verträge verschiedenen Rechtsvorschriften unterworfen, so sind auf den Vertrag die Vorschriften des ersten Unterabschnitts anzuwenden, soweit die folgenden besonderen oder anzuwendenden internationalen Übereinkommen nichts anderes bestimmen. Dies gilt auch dann, wenn ein Teil der Beförderung zur See durchgeführt wird.

Abbildung 14: § 452 HGB 1998 (Frachtvertrag über eine Beförderung mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln

 
 
§ 452 a HGB 1998 (Bekannter Schadenort)
 
Steht fest, dass der Verlust, die Beschädigung oder das Ereignis, das zu einer Überschreitung der Lieferfrist geführt hat, auf einer bestimmten Teilstrecke eingetreten ist, so bestimmt sich die Haftung des Frachtführers abweichend von den Vorschriften des ersten Unterabschnitts nach den Rechtsvorschriften, die auf einen Vertrag über eine Beförderung auf dieser Teilstrecke anzuwenden wären. Der Beweis dafür, dass der Verlust, die Beschädigung oder das zu einer Überschreitung der Lieferfrist führende Ereignis auf einer bestimmten Teilstrecke eingetreten ist, obliegt demjenigen, der dies behauptet.

Abbildung 15: § 452 a HGB 1998 (Bekannter Schadenort)

 

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