10.1   Einbeziehung hygroskopischer Warengruppen in den Containertransport
Die Containerisierung des Stückgutverkehrs führte durch die ihr eigene Dynamik dazu, dass immer mehr Warenarten in dieses System einbezogen wurden. Darunter auch solche, die auf einem konventionellen Stückgutschiff einer intensiven Ladungspflege bedürfen, woraus sich neue Fragen bezüglich Umfang und Qualität der Werterhaltung der zu transportierenden Waren ergaben.
 
In der ersten Phase der Containerisierung wurden vor allem technische Waren - Industrieprodukte, Maschinen, Konserven, chemische Produkte usw. - erfasst, die auch im konventionellen Verkehr, abgesehen von der Ladungssicherung, keine besonders hohen Anforderungen an die Ladungspflege stellten. Die Containerdienste entwickelten sich daher schnell zwischen technisch hoch entwickelten Regionen, wie Europa, Nordamerika und Fernost, deren Handelswaren sich für die Containerisierung besonders gut eignen.
 
Die zweite Phase der Containerisierung erfasste dann jene Waren, die im Standardcontainer nicht mehr optimal transportiert werden konnten, bei denen der Spezialcontainer, wie der Schüttcontainer, der Kühlcontainer und der Tankcontainer, oft schon auf eine einzelne Ware spezialisiert, eine weitere Rationalisierung brachte.
 
Daneben zeichnete sich aber das Bestreben ab, auch die Waren einzubeziehen, die auf konventionellen Stückgutschiffen während des Seetransports einer Ladungspflege, z. B. durch aktive Ventilation, bedürfen. Die große Gruppe der hygroskopischen, d. h. in Wechselwirkung zwischen Wassergehalt und relativer Luftfeuchte befindlichen Waren, war das nächste Ziel.
 
Diese dritte Phase der Containerisierung wurde erforderlich, um in bestimmten Relationen ausreichende Mengen containerisierter Waren in beiden Richtungen transportieren zu können und um das Gesamtvolumen des containerisierten Transports zu erhöhen. Die durchgreifende Containerisierung verlangte die Entwicklung von Methoden, die den Transport eines möglichst großen Teils der Warenartenpalette mithilfe von Containern ermöglichen.
 
Bei der Konzipierung und Propagierung des Containertransportsystems ging man anfangs noch davon aus, dass sich durch den Einsatz der Container viele Probleme der Ladungspflege, der Verpackung der Waren und ihrer Qualitätserhaltung während des Seetransports wesentlich vereinfachen oder ganz lösen würden. Es zeigte sich aber bald, dass nur das Hineinpacken der Waren in den Container nicht ausreicht, dass neben Vereinfachungen auch neue Probleme der Qualitätserhaltung, z. B. Vermeiden der Korrosion an Metallteilen, auftraten und die Verpackung durchaus nicht überflüssig, sondern dass nur andere Anforderungen an ihre Schutzfunktion gestellt wurden.
 
Hier können die folgenden drei Wege beschritten werden:
  1. die Entwicklung von Spezialcontainern, um diese in ihrer Konstruktion den Erfordernissen der Waren anzupassen
     
  2. die Erhöhung der "Containerfähigkeit" der Waren durch eine zusätzliche Behandlung (z. B. Trocknung, Konservierung) oder durch eine geeignete Verpackung
     
  3. eine angepasste Ladungsfürsorge für Container mit kritischen Waren durch Auswahl des geeigneten Containertyps, sinnvolles Einbringen der Waren, Wahl des Stauplatzes und Nutzung der schiffsseitigen Ventilationseinrichtungen. So wurde z. B. Kaffee auf Flats im Ro/Ro-Schiff aus Westafrika transportiert, der mit schiffsseitigen Ventilationseinrichtungen belüftet wurde.
     
Alle drei Wege gehen von den physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften der Waren aus, greifen auf die Erkenntnisse der Warenkunde zurück und versuchen, die für die Ware geeigneten Transportbedingungen zu schaffen.
 
Bei den konstruktiven Lösungen, wie Schüttgutcontainer, Open-Top-Container, Open-Sided-Container oder Flats, ging es in erster Linie um die Minimierung der Transportkosten, z. B. der Be- und Entladekosten und Nutzung von Containerdiensten.
 
Diese neuen Containertypen führen aber auch zu veränderten Lager- und Staubedingungen, denn eine Ware ist im geschlossenen Standardcontainer völlig anderen Klimabeanspruchungen ausgesetzt als auf einem Flat.
 
Um die Warenpalette zu erweitern, die im Containerverkehr transportiert werden kann, wurden Spezialcontainer entwickelt, die vordergründig der Qualitätserhaltung dienen, z. B. der thermoisolierte Container, der durch seine Wärmedämmung Schutz vor starken Temperaturschwankungen gewährt und durch Anschluss an ein Kühlaggregat zum Kühlcontainer werden kann. Die passiv und aktiv belüfteten Container entstanden, um durch einen Luftaustausch bestimmte empfindliche Warengruppen transportieren zu können.
 
Die Kosten des Einsatzes spezialisierter Container sind hoch, sodass ihre Anwendung nur dann begründet ist, wenn sie mit Waren beladen werden, die diese besonderen Vorteile des Spezialcontainers nutzen. Der Anpassung des Containers an die Ware sind auch insofern enge Grenzen gesetzt, als in der Regel mit jeder Anpassung an eine Warengruppe der Transport anderer Warengruppen ausgeschlossen oder zumindest eingeschränkt wird. So lässt sich der offene Container zwar besser mit schweren Waren (Maschinen) beladen als der geschlossene Container; Warengruppen aber, die des Schutzes vor Umwelteinflüssen bedürfen, wie die in Säcken und Schachteln verpackten Waren, können auf der Rückreise nicht mehr geladen werden. Waren, die vorteilhafter in einem Spezialcontainer transportiert werden, sind aber nicht immer in beiden Richtungen in gleichen Mengen vorhanden. Leertransporte führen zur weiteren Verteuerung von Transporten in Spezialcontainern. Die Palette der Spezialcontainer kann folglich nicht beliebig erweitert werden, und jeder Spezialcontainer verlangt ein bestimmtes Warenaufkommen.
 
Hieraus ergibt sich die große Bedeutung der Veränderung bestimmter Wareneigenschaften, um sie für den Transport im Standardcontainer geeignet, "containerfähig", zu machen. Der Begriff "Containerfähigkeit" wird in der Regel auf den geschlossenen Standardcontainer bezogen.
 
Für die Ware ist der Transport im Container eine Lagerung in einem mehr oder weniger geschlossenen Raum, in dem es dem Kryptoklima dieses Raumes ausgesetzt ist. Eine "containerfähige" Ware muss dieses Kryptoklima ohne Qualitätsminderung ertragen können. Gelingt es, eine Ware in eine Kondition zu bringen, die den Transport im Standardcontainer ermöglicht, so ist das für diese Ware transportökonomisch eine günstige Lösung.
 

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