4.3.5   Formschluss durch Laschen bzw. Zurren
Der Begriff Laschen ist in der Seeschifffahrt üblich und leitet sich aus dem englischen Begriff lashing ab. Verzurrt oder mit Verzurrungen gearbeitet wird überwiegend im Bereich des Straßenverkehrs, aber auch hier findet man den englischen Begriff "lashing capacity" auf den Gurtanhängern wieder. Im Bereich des Schienenverkehrs werden Ausdrücke wie Festbindungen dafür benutzt.
 
Ein Lasching wird hergestellt, indem Bandstahl, Ketten, Stahldrähte, Textilgurte, Tauwerk oder Ähnliches einerseits am Packstück und andererseits an der Beförderungseinheit befestigt und leicht vorgespannt werden. Entscheidend für die Wirksamkeit sind neben der Güte der Materialien und Befestigungspunkte insbesondere die Wirkrichtungen der Laschings. Insofern spielen die Laschwinkel eine bedeutsame Rolle. Durch Laschen der Packstücke sollen diese daran gehindert werden, dass sie sich längs oder quer verschieben und von der Ladefläche abheben oder kippen. Über die Laschings wird Formschluss hergestellt. Man spricht auch von Direktzurrungen.
 
In einigen Veröffentlichungen wird der Begriff Anschlagpunkt für Laschaugen oder andere Zurrpunkte benutzt. Das ist insoweit falsch, als Anschlagpunkte zum Heben benutzt werden. Laschmaterialien werden auch nicht angeschlagen, sondern befestigt.
 
Die Anzahl und Stärke benötigter Laschings hängt von der Masse des zu sichernden Ladegutes, den zu erwartenden Kräften, der Einsatzfestigkeit der Laschings und den Zurrwinkeln ab. Nähere Einzelheiten dazu finden sich unter den jeweiligen Kapiteln über die Materialien und bei den Fallbeispielen über Laschen.
 
Bei der Sicherung von Packstücken in Boxcontainern spielt Laschen eine untergeordnete Rolle. Da die Laschpunkte in den Containern zumeist nur eine Einsatzfestigkeit von höchstens 1.000 daN (entspricht ca. 1 t Masse) aufweisen, beschränkt sich das Laschen auf leichtere Packstücke. Zum anderen sind die Laschpunkte aufgrund der räumlichen Enge und der Belegung mit Ladungsteilen oft nicht zugänglich. Bei der Sicherung von Ladungen in Open-Top-Containern kann zumeist bereits von höheren Einsatzfestigkeiten ausgegangen werden - sehr häufig von ca. 2.000 daN (entspricht ca. 2 t Masse). Plattformartige Container hingegen bieten gute Möglichkeiten zum Laschen, deshalb ist Laschen auf diesen Beförderungseinheiten nahezu unverzichtbar.
 
  Horizontallaschings mit Längskomponenten - Draufsicht

 
  Horizontallaschings mit Längskomponentes - Seitenansicht

 
Horizontallaschings besitzen keine Vertikalkomponente. Horizontal längs gespannte Laschings wie hier besitzen keine Querkomponenten. Das Packstück wird durch diese Art der Ladungssicherung lediglich in Längsrichtung festgehalten.
 
  Horizontallaschings mit Querkomponenten - Draufsicht

 
Verlaufen die Laschings exakt waagerecht quer, besitzen diese Horizontallaschings keine Längs- und keine Vertikalkomponente. Ein so gesichertes Packstück ist ausschließlich in Querrichtung gesichert.
 
Der hier abgebildete Lasching besitzt aufgrund der Positionierung der Laschpunkte jedoch zusätzlich eine geringe Vertikalkomponente.
 
Horizontal-
lasching mit Quer- und Vertikalkomponente
- Lateralansicht

 
Vertikallasching ohne Horizontalkomponenten
- Lateralansicht

 
Reine Vertikallaschings besitzen keinerlei Horizontalkomponenten. Sie könnten deshalb eigentlich keinerlei Längs- und Quersicherung bewirken. Unter Einwirkung von Längs- und Querkräften kann sich das Ladungsteil verschieben. Dabei werden die reinen Vertikallaschings seitlich ausgelenkt und dadurch z. T. erheblich gespannt. Durch die Spannung, die erst durch den Verschub der Ladung erreicht wird, wird die Ladung zusätzlich auf den Containerboden gedrückt. Dadurch werden zusätzliche Reibungskräfte am Boden bewirkt. Pro Lasching maximal das Produkt aus der Einsatzfestigkeit und dem Reibungskoeffizienten.
 
Vertikallaschings mit kleinen horizontalen Querkomponenten
- Lateralansicht

 
Derartige Laschings fallen nach den VDI-Bestimmungen unter die Bezeichnung Schrägzurrung. Die Laschings bilden mit der Horizontalebene einen Zurrwinkel, der mit α bezeichnet wird.
 
  Diagonallaschings mit horizontalen Längs- und Querkom-
ponenten sowie Vertikalkomponenten in der Draufsicht

 
  Diagonallaschings mit horizontalen Längs- und Querkom-
ponenten sowie Vertikalkomponenten in der Seitenansicht

 
Diagonallaschings bilden einen Laschwinkel α mit der Horizontalebene und einen weiteren Laschwinkel β mit der Horizontallängsrichtung der Beförderungseinheit. Nach Sprachregelung des VDI werden derartige Laschings als Diagonalzurrung bezeichnet.
 
Bei den abgebildeten Diagonallaschings sind die Vertikalanteile am größten. Deutlich kleiner sind die horizontalen Längsanteile und noch kleiner die horizontalen Queranteile.

Kreuzlaschings stellen lediglich eine besondere Art der Diagonallaschings vor. Sie sind dann vorteilhaft, wenn aufgrund von Platzmangel größere Horizontalanteile erwünscht sind.
 
Kreuzlaschings mit Horizontal- und Vertikalkomponenten
- Lateralansicht

 
  Diagonallaschings mit kleinen horizontalen Querkomponenten   Kreuzlaschings mit besseren horizontalen Querkomponenten

 
Das rechte Versandstück wird in Querrichtung deutlich besser gesichert als das linke. Unter solchen Verhältnissen sind häufig Kreuzlaschings angebracht. Doch Vorsicht: Das gilt dann nicht mehr, wenn gegen Kippen gesichert werden soll.
 
  ungünstige Komponenten gegen Kippen   günstige Komponenten gegen Kippen

 
  nicht realisierbarer optimaler Laschwinkel gegen Kippen   Der reale Laschwinkel liegt dicht am Optimum gegen Kippen.

 
Der optimale Winkel gegen Kippen ergibt sich, wenn eine Linie rechtwinklig zur Verbindungslinie Laschpunkt - Kippkante nach außen gedacht wird.
 
Strengstens gewarnt werden muss vor so genannten Rundtörnlaschings, bei denen die Zurrmittel von einer Seite her umschlungen werden und das Zurrmittel zur anderen Seite geführt und dort befestigt wird:
 
Rundtörnlasching

 
In Rundtörnlaschings sind die Ladungen frei beweglich.
 
Rundtörnlaschings gleichen dem Diabolo-Prinzip

 
Buchtlaschings oder Umspannungen werden leider selten als formschlüssige Sicherungen genutzt, obgleich sie eine außergewöhnliche Wirksamkeit besitzen. Bei allen langen und stabförmigen Ladungen lassen sie sich hervorragend nutzen.
 
mit Buchtlaschings gesichertes Anlagenteil
- Lateralansicht

 
  mit Buchtlaschings gesichertes Anlagenteil - Draufsicht

 
  mit Buchtlaschings gesichertes Anlagenteil - Seitenansicht

 
Buchtlaschings sind überall dort einsetzbar, wo sich Laschings um Bauteile von Ladungen herumführen lassen. Zum Erstellen von Buchtlaschings werden Zurrmittel jeweils an einem Zurrpunkt des Transportmittels befestigt, um die Ladung zur Ausgangsseite zurückgeführt und dort - möglichst auf einem anderen Zurrpunkt - festgesetzt.
 

 
Bei der Verwendung getrennter Zurrpunkte kann die zulässige Zurrkraft des Zurrmittels im Einzelstrang im günstigsten Fall bis zur doppelten Höhe genutzt werden. Bei Zurrpunkten von 2.000 daN (ca. 2 t) und einer zulässigen Zurrkraft des Zurrmittels von gleichfalls 2.000 daN (ca. 2 t) im Einzelstrang sind demnach maximal 4.000 daN (ca. 4 t) Sicherungskraft erreichbar. Durch den Spreizwinkel zwischen den Parten kommt es zu einer gewissen Minderwirkung, bei einem maximal möglichen Differenzwinkel von 90° bei den drei gezeigten Skizzen sind es 30 %. Durch in das Zurrmittel eingebrachte Vorspannungen wird die Sicherungskraft gleichfalls verringert, je nach den Umständen eine Reibungskraft jedoch erhöht.
 
Die möglichen Varianten von Umspannungen sind sehr zahlreich. Mit Fantasie und Erfahrung wird man feststellen, dass sich mit dieser generellen Methode eine Vielzahl von Ladungssicherungsproblemen lösen lässt.
 
Die Schwächen der Rundtörnlaschings und die Stärken der Buchtlaschings hat das Fortbildungszentrum Hafen Hamburg (FZH) in einem sehr wirksamen Versuch dargestellt. Ein Teil dieser Bildserie ist hier wiedergegeben:
 
Die Laschings sind gesetzt - Der Kippvorgang beginnt.

 
Ein Winkel unterhalb von 30° ist erreicht - noch hält ein Teil der Reibung.

 
Der Rundtörnlasching versagt, der Buchtlasching hält.

 
Der Aufprall: Rundtörnlasching versagt noch mehr, Buchtlasching hält!

 
Fehlen Befestigungspunkte, können Laschings provisorisch auch an so genannten Kopfbuchten befestigt werden.
 
Kopfbuchten mit daran befestigten Spring-
laschings in Form von Kreuzlaschings

 
Es muss darauf hingewiesen werden, dass die skizzierte Sicherung nicht für eine Beförderung ausreicht. Sie soll nur das Prinzip der Kopfbuchten (grün) mit daran befestigten Laschings (magenta) darstellen. Die Sicherung mit Kopfbuchten erfordert im Allgemeinen den Einsatz von zwei Mitarbeitern. Allein ist das Sichern zu zeitaufwendig. Als Springlaschings werden alle von außen nach innen gespannten Laschings bezeichnet, unabhängig davon, ob sie sich kreuzen oder nicht. Kopfbuchten können in zahllosen Varianten erstellt werden. In diesem Containerhandbuch und im Ladungssicherungshandbuch des GDV sind unter den Fallbeispielen diverse Muster zu finden.
 
  Achtförmige Kofpfbucht Hinterfütterte Kopfbucht

 
Besteht bei geschichteten Gütern die Gefahr, dass Kopfbuchten sich in die Zwischennähte ziehen, kann durch den Einsatz achtförmiger Kopfbuchten die gleiche Wirksamkeit erreicht werden. Die Verwendung der abgebildeten Kopfbucht setzt voraus, dass die Kolli widerstandsfähig genug sind, um die gesamte Einsatzfestigkeit der Verzurrung aufnehmen zu können. Ist das nicht der Fall, ist mit Brettern, Gattern, Walking-Boards, Kantholzzwischenlagen und Ähnlichem zu hinterfüttern, damit die Voraussetzungen zum Einsatz von Kopfbuchten geschaffen werden. Bei Bunden, IBC's, Units, Sackgutpaletten oder ähnlichen Packstücken ist das zumeist erforderlich.
 
Die meisten Fehler beim Sichern werden beim Verarbeiten und Anbringen der Laschings gemacht. Hier ist es die Verwendung eines bereits aufgebogenen Hakens, der zusätzlich noch falsch eingehakt ist. Der gekennzeichnete Kettenspanner ist unzulässig eingesetzt, er muss mindestens um 45° beigeholt werden und darf nicht - wie hier - rechtwinklig abstehen, da sonst die Gefahr besteht, dass das Kettenglied von der "Spannernase" rutscht. Die Zurrwinkel sind ungünstig. Es werden hohe Vertikalkomponenten erzeugt, aber zu geringe Längs- und Querkomponenten.
 
mangelhafte Anbringung und Verarbeitungsfehler

 
formschlüssige Sicherung von Papierrollen mittels Wisafix-Plane

 
Dieses Beispiel zeigt die Verwendung einer Ladungssicherungsplane, an der textile Laschgurte befestigt sind, mit denen an den jeweiligen Enden des Rolltrailers formschlüssig gesichert wurde. Für den Seetransport ist diese Sicherung nur dann ausreichend, wenn die Rolltrailer "formschlüssig" nebeneinander längsschiffs oder querschiffs gestaut werden. Da an den Längsseiten des Rolltrailers nur niedergezurrt wurde, ist die Sicherung für einen Terminaltransport ggf. ausreichend, nicht aber für den Seetransport.
 
 

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